Dienstag, 3. Dezember 2013

Adventskalender (3): Gruusigi blaui Dräcksau

("Bern Baby Burn" vom 26. November 2011)

Einen Feind wünscht man ja niemandem. Trotzdem hatte meine Gang jahrelang gleich zwei, und das freiwillig. Es gab «dr chly Feind» und «dr gross Feind» – beides uns unbekannte Männer, denen wir in Bern ständig begegnet sind und deren Erscheinungsbild einfach nervte. Mit der Zeit wurden diese Namen derart normal, dass wir sie ganz beiläufig benutzten: «Und der Feind war auch noch da.» – «Welcher, der grosse oder der kleine?»

Erst viel später habe ich festgestellt, dass wir nicht die einzigen waren, die in der Kleinstadt ihre Feinde pflegten. Ein Gspänli von mir hat ebenfalls einen Feind, und er kannte auch einen Typ mit Übernamen «Zelt». Bei uns gab es zudem «die Eule», den Mann mit dem seltsamen Namen «Das Jahr» oder «die gruusige Saumoore». Ein anderes Gspänli kannte eine «Fernschönheit» sowie «die gruusigi blaui Dräcksau». Niemand weiss mehr, wie diese böse Bezeichnung entstand. Nach und nach verlieren solche Übernamen ihre Bedeutung, sodass man, ohne mit der Wimper zu zucken, erzählen kann: «Gestern sah ich die gruusige blaui Dräcksau in der Migros.»

Vor kurzem nun habe ich den kleinen Feind kennen gelernt. Es war mir insgeheim ein bisschen peinlich, weil er in Wirklichkeit sehr nett ist. Ich kenne jetzt seinen richtigen Namen. Aber in meinem Kopf, ich brings nicht weg, bleibt er «dr chly Feind».

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