Freitag, 24. Januar 2014

Gastblog: Das innere Gericht


Eine schlaue Freundin, die mit mir im Buch-/Diskussionsclub ist, hat mir dieses Mail geschrieben. Inspiration für den Artikelclub. Und weil er bemerkenswert ist, hier ihr Text zum Mitlesen. Voilà!
(Fotos: uralt und von mir)



Auch so ein Thema; die selbstbestimmte Frau, die freiwillig entscheidet, Hausfrau zu sein. Rückzug ins Private, biedermeierisch alles überschaubar halten, das Gemüseabo, die Züpfe selber backen, schöne Arrangements auf der Kommode herrichten mit herzigen Sächeli und jeden Samstag stundenlang abstauben und sich darin so ungemein aufgehoben fühlen. Und vieles bin ich, und dazu noch gerne. Darf ich das? Hier zu lesen, kennst du aber sicher bereits:

Die neuen Haushaltsgöttinnen

Aber was soll ich denn sonst tun? Die Tiefkühl-Pizza war ungesund wegen dem vielen Salz,  bei der tiefroten Peperoni aus Spanien sans-sol kann ich auch nicht mehr sagen, ich hätte es nicht gewusst, die Coca-Cola, die Blockbuster, die Musik, der Fastfood aus den USA kann ich auch nicht mehr einfach so mal toll finden, und wo hab ich denn noch die Übersicht, das Gefühl, selber etwas zu machen, verändern, bestimmen zu können, wenn nicht mit dem Gemüseabo, der selbstgebackenen Züpfe für Sonntag, dem Abstauben von lieben Dingen, die ich gesammelt habe, nicht bei Ikea Samstagnachmittag gehortet, sondern hier und da mal gefunden? Und vielleicht würde ich sogar ab und zu gerne mal einen schönen Jupe nähen, statt einen für 24 Franken im H&M aus Bangladesch posten, wenn ich denn nicht gänzlich unbegabt wäre für solche Nifelisachen. Aber ich muss ja auch nicht grad nur Hausfrau sein. Muss es denn immer schwarz oder weiss sein? Bei mir manchmal schon, dann verabscheue ich mich, wenn ich mit Putzlappen samstags meine Schuhe poliere und selbst die Stühle abstaube, dann komme ich mir so unendlich belanglos vor.

Schlimm ist auch, dass wenn ich manchmal an meine eigene Kindheit denke, ich dann meine Mutter vor dem inneren Auge habe: Wie sie stundenlang geduldig mein neu aus- und wieder eingerichtetes Puppenhaus bestaunen konnte, das ich ewig lang kommentierte; wie sie jeden Morgen uns Kinder weckte, mit uns frühstückte, mit uns Mittag gegessen hat und auch das Abendessen, wie ich durch die Kochschürze zwischen ihren Beinen umherstrich, mich an ihren Hals hängen konnte, ihr Haar während der "Tagesschau" kämmte, und wenn ich sie ärgern wollte, habe ich einen Knoten in ihre Lismete gemacht und mich hinter dem Sofa versteckt. Das möchte ich eigentlich auch einmal meinen Kindern bieten: Etwas, was nachher nie mehr einfach so vorhanden sein wird wenn man gross ist - dass jemand Zeit hat, so unendlich viel Zeit für einem, für all die Kinderfantasien und Träumereien, grossen Ängste und kleinen Wünsche.

Wie nur um Himmels Willen kann ich das je mit meiner Idee von selbstbestimmt, emanzipiert, frei, unabhängig, wie kann ich das alles je mit mir vereinbaren? Und mit der Karriere, mit den Freundinnen, mit dem Sport, mit allem?

Ich weiss nicht wie es Dir geht, aber ach, das alles beschäftigt mich, und alles ist ja auch so wahnsinnig analysiert, aufgedeckt, allem wurde jeglicher sentimentale Wert genommen, weil alles sozial konstruiert und patriarchalisch ist oder dann sonst einfach böse und trügerisch, und wenn ich manchmal nostalgisch werde, bestraft mich mein inneres Gender-Studies-Gericht.

Word!





Dienstag, 21. Januar 2014

Doofdeutsch

Wenn man von Berufes wegen mit Sprache zu tun hat, wird man ein bisschen seltsam. Also ich jedenfalls habe mir in all den Jahren eine ganze virtuelle Liste von Scheisswendungen angelegt (und teils zusammengeklaut), die zwar nicht falsch sind und gegen die man objektiv nichts sagen kann, die ich aber persönlich einfach doof finde.

Hier eine nicht abgeschlossene Reihe aus meinem Ekel-Fundus:
  • massiv (als Allerweltsadverb anstelle von "stark", "sehr", "enorm", "drastisch" usw.)
  • …, und man glaubt es ihm/ihr (soll heissen: der Journalist glaubt es)
  • allgemein die Verwendung von "man" als verkapptes "ich"
  • Gestern/heute/morgen war/ist es mal wieder so weit
  • Man darf gespannt sein
  • hat gut lachen
  • …, und nimmt noch einen Schluck Kaffee (als unmotiviertes, pseudoszenisches Element in einem Porträt)
  • "Blablabla", lacht/schmunzelt X. (Niemand lacht etwas. Man sagt Dinge.)
  • "Blablabla", ist X überzeugt. (dito oben)
  • Gibt man auf Google xxx ein, …
  • das grösste/beste/höchste … aller Zeiten (das würde die Zukunft einschliessen. Besser: der Geschichte)
  • vom Feinsten
Es gäbe noch viel anzufügen, insbesondere doofe Redewendungen, aber die sind noch einmal ein ganz anderes Thema. Ich werd jetzt lieber erst mal die Seele baumeln lassen. Hihi.

Freitag, 10. Januar 2014

Nüchtern, gesund und langweilig

Apropos super Diskussionsthemen für einen Artikel-Club: Alkohol. Alkohol wäre auch ein sehr ergiebiger Debattenstoff. Ich mache wieder mal den Januar-Ramadan, d.h. einen Monat lang ohne Wein, Bier, Champagner, Schnaps - alles, und es ist so, wie mein Gspänli P. (auch er hat Pause) so schön sagt: Es geht schon. Aber es ist einfach ein bisschen langweilig. 

Heute sind mir dann grad diese beiden Artikel begegnet (Danke, ihr sozialen Medien, dass ihr mich immer so bequem mit Artikeln beliefert, das muss auch mal gesagt sein): "Die eingebildete Trinkerin" ("Süddeutsche Magazin") und "Writers and Rum" ("New Yorker" online). Sie wären gute Grundlagen für eine schöne Diskussion. Oder auch für einen schönen Streit.

Eine der meistgehörten Beschwichtigungen von Vieltrinkern ist ja, dass sie "nie alleine trinken". Soziales Trinken eben. Dazu hats in beiden Artikeln schöne Passagen:
They can be pulling the tiny bottles out of your hand in the hotel room after the third blackout, and you can still stubbornly believe that it’s just social drinking, maybe a little more.
"Ich trinke niemals, wenn ich allein bin", hatte Leander Haußmann mal in einer Talkshow gesagt, "aber ich bin auch nie allein." In Gesellschaft trinkt der Mensch, um dazuzugehören. Es gibt einen Namen dafür: sozial akzeptierter Alkoholismus.
Und es ist halt schon ein bisschen so, dass man weniger sozial ist, wenn man nicht säuft, weil das Trinken als Selbstzweck wegfällt und man daher tatsächlich ein sehr motivierter Gesprächspartner und Ausgänger sein muss, um 5, 6, 7, 8 Stunden lang nüchtern in Bars und Clubs herumzustehen und zu reden. Ohne Alkohol in Aussicht geht man automatisch weniger raus. Wird ein bisschen asozial. Vielleicht ist es aber gar nicht so schlimm, wenn man in solchen Phasen mehr zu Hause bleibt, weil: Vielleicht finden es ja die anderen dann auch gar nicht sehr lustig mit mir? 
"Wer beißt schon gern in ein saftiges Steak aus der Massentierhaltung, wenn ein Vegetarier danebensteht, sozusagen ein fleischgewordener Vorwurf? Wir wollen keine Zeugen unseres Suffs. Die (Nüchternen) sollen gefälligst unter sich bleiben." 
"Seit drei Jahren mache ich jede Woche alkoholfreie Tage: Montags bis mittwochs trinke ich nichts. Es kränkt Gewohnheitstrinker, wenn ich mich trotzig an einem alkoholfreien Weizenbier festhalte, während sie sich die Hucke vollsaufen." 
"alkoholfreie Tage"? Montag bis mittwochs? Die man sich so vornehmen muss? Ui.

Aber ich sags ja. Fabelhafter Diskussionsstoff. Und zum Abschluss das Credo eines Bekannten: Der Mensch braucht eine Droge.



(Bilder aus einer unabsichtlichen Fotoserie namens "Fotos von Bier", die ich mal gesammelt habe, weil ich irgendwann feststellte, dass ich in den Ferien immer Fotos von Bier mache. Ui?)
Mallorca.
Madrid. 
Tel Aviv. 
Split.
Chalkidiki.
Tel Aviv. 

1770. 
Laigueglia.

St. Ursanne.

?.

Sydney.

Donnerstag, 9. Januar 2014

Man muss wahnsinnig sein

Ich habe einen Buchclub mit meinen Freundinnen, der eigentlich super ist und den auch alle super finden, wenn sie denn mal kommen, der aber die meiste Zeit nur von drei Leuten besucht wird, weil es immer irgend einen triftigen Grund gibt für eine Absage. Und das meine ich jetzt einerseits wörtlich, es gibt wirklich viele triftige Gründe, um einen Monate im Voraus bekannten Termin wieder abzusagen. Andererseits aber auch ein bisschen verwundert, weil mich dünkt, dass man heute schon wirklich kaum mehr was verbindlich abmachen kann (ich nehme mich da gar nicht aus.) Oder ist das nur bei meinem Buchclub so?


Jedenfalls ist einer der häufigeren Absagegründe: Ich habe das Buch nicht (fertig)gelesen! Deshalb wird der Buchclub künftig auch ein bisschen zu einem Artikelclub, jedes zweite Mal oder so lesen wir nur was Kurzes und diskutieren dann darüber. Weil das schafft ja jede, auch mit Kindern und Jobs und Studium gleichzeitig.

Und wenn jetzt grad morgen Buchclub wäre, würde ich diesen Artikel aus der FAZ zur Debatte stellen: Man muss wahnsinnig sein heute ein Kind zu kriegen. 

Im Übrigen möchte ich es wärmstens empfehlen, einem Buchclub anzugehören.


PS: Hier noch die Bücher, die wir im Club bisher gelesen haben. (Hoffentlich hab ich keins vergessen.) Das eine oder andere fiel in unserer Gunst total durch. Ich sag aber nicht, welche.
Tauben fliegen auf
Léon und Louise
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand
Die Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters
Lolita
Nacht ist der Tag
aktuell: Die Einsamkeit der Primzahlen

Samstag, 4. Januar 2014

Everyday frese cokatails

An Silvester wegfahren: super Plan! In Rom in der Silvesternacht ein Taxi suchen: aussichtsloser Plan.