Dienstag, 30. Dezember 2008

Grossu Irrtum

In Caramells Lexikon der populären Irrtümer steht unter B folgender Eintrag: Berge. Die verbreitete und politisch korrekte Trendmeinung lautet: In den Bergen ist es schön.

Fehler. In den Bergen ist es wüst, wie ein Besuch im Wallis (jetzt leider nur noch eine Stunde entfernt. Danke Cisalpino, der du uns die Reise von Zeit zu Zeit noch tapfer etwas herauszögerst, Danke) zeigt. Die Steilwände sind erdrückend, alles ist eine Variation der Würgfarben grau/braun/anthrazit, die Vegetation wird dominiert von diesen skelettösen Nadelbäumen, darunter stehen Industrie- und Gewerberuinen mit Dorfgraffitis dran, das Primarschulhaus heisst Sepp Blatter und die Hotels Killerhof oder Bergsunnu.

All dieses Elend mündet in einer ohrenkrebserregenden Sprache, welche Sätze als korrekt taxiert, die wörtlich übersetzt etwa lauten: „Ich bin krank gekommen.“ Eine Sprache, die zudem vor Us nur so strotzt, weil das U die Buchstaben gewordene Berglandschaft ist. Dass die Walliser, die inzwischen zur Mehrheit in Bern wohnen, total partymässig drauf sind und im Fall voll gmögig, echt!, wie ein weiteres Gerücht lautet, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Nach einer gelungenen Flucht hat man allen Grund zu feiern.

Wer mit diesen Ausführungen gar nicht einverstanden ist, darf sich nun hoch offiziell schadenfreuen: Nach ihrem Aufenthalt in den Bergen ist Caramell prompt krank gekommen. Uuu, uuu, uuu.

Donnerstag, 25. Dezember 2008

More Modern Art (MoMA)











Mittwoch, 24. Dezember 2008

Backen ist das neue Schwarz

Dekorieren ist das neue Yoga
Yeah ist das neue Geil

Revolution!

Jump!

Crazy!
...gly noch mehr!

Freitag, 19. Dezember 2008

Fröllein Ibrahim und die Blumen im Schnee

Wenn es allen schlecht geht, haben sie Hochkonjunktur. Ihre Tieftöne erschallen durch die halbe Altstadt. Die Menschen, von der Finanzkrise gegeldbeutelt, bleiben vor ihnen ergriffen stehen und stellen ihre Migros-Papiersäcke in den Schneematsch.

Die Rede ist von Panflötenbands.

Seit der Baldachin auf dem Bahnofplatz steht, hat sich deren Bühne massiv (was für ein doofes Wort!) verprominentisiert. Jetzt stehen die vier bis fünf Lateinamerikaner nämlich am Schärmen und performen ihre Regentanzmusik mit Verstärker und crazy Akustik. Und niemand kommt daran vorbei. Ob man will (ich) oder nicht (fast alle anderen).

Die Fränzis und Vrenis aus Langnau und Langenthal beispielsweise verpassen ob so viel Kultur sogar manchmal den Zug. Weil: „Weisst du, die machen so echte südamerikanische Musik! Die sind so authentisch! Da zählen eben die Traditionen noch etwas, in Peru und Chile! Und das zeigt ja auch, ich bin so offen für andere Kulturen! Reisen ist mein Hobby! Und mein Lieblingsbuch ist im Fall ,Fröllein Ibrahim und die Blumen im Schnee'!“

Jetzt weiss ich endlich, wovon immer die Rede war, in den Medien und im Parlament und bei Southpark und einfach überall. Als sie alle von dieser gefährlichen Dings sprachen.

Dieser Pan-demie.

Fröllein Äppeeri


Jeeee olé oléeee! Der Blog ist fertig! Zur Feier des Tages fast exklusiv für BZ-Leser: Heute Freitag, 19.12.2008, um 14 Uhr: Eine crazysuperduper Kolumne mit dem Arbeitstitel "Madame Etoile und ihr Gespür für Schnee"!!!

PS: Zu Weihnachten verwandelt sich Caramel immer in ein Äppeeri
















Bild ChouChoux

Ein letztes Mal olé olé

Ich würde alles aussprechen, was sich sonst niemand traut. Ich würde die Missstände an der Uni anprangern, mit einem Augenzwinkern, trotzdem hart und kritisch. Ich würde die Menschen zum Lachen und zum Weinen bringen, und alle würden jeden zweiten Freitag Leserbriefe schreiben, weil dieses Uni-Versum so! krass! wäre, die Kolumne würde Thema Nr.1 sein in diesem Dings namens Blogosphäre und ausgezeichnet von einem Branchenfuzziverband – ja, die Welt wäre eine bessere.

So wäre es, wenn ich noch weiter kolumnieren würde.

Aber leider geht das nicht, denn das ist eine Uni-Kolumne, und ich bin bald fertig mit dem Studium, oder zumindest mal mit dem Arztgattinnenabschluss, dem Bachelor, und dann wird erst mal ’ne Weile nur gekrampft, adieu Uni, ciao überfüllter 12er-Bus, auf Wiedersehen nette Mitstudenten, auf Nimmerwiedersehen doofe Mitstudenten, tschesä verrückter Mann, der immer in der Mensa Zeitung liest und einen anmotzt, wenn man sich neben ihn setzen will, bye bye Rock-über-Hose, saluti unfähige Dozent(inn)en, adieu Klugscheisser, tschüüsss!

Und tschüs, du ganz liebe Kolumne, zu deren Ende ich gerne noch eine Leserfrage von Herrn A. aus B. beantworten will: «Liebe Frau Landsturm, wie machen Sie das nur, dass Ihnen immer so extra toll witziges Gedöns einfällt?»

Antwort: Oooch, ich habe da einen bubileichten Trick: Ich stelle mir die Leser einfach nackt vor.

In diesem Sinne: tschesä. Und ein allerletztes Mal - olé olé.



Mit dieser Kolumne verabschiedet sich Caramel Landsturm vom «Uni-Versum». Sie schreibt vielleicht künftig ab und zu etwas auf www.caramell.ch (ja, mit zwei L).

Neue «Uni-Versum»-Autorin wird die Studentin Nora Camenisch.

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Endlich wieder scharf

Linsenträger sind wahnsinnig nervig. Immer muss man ihnen ins Auge gucken, weil: die Linse ist hinters Auge gerutscht! Oder: da ist was drin, ein Haar, ein Staub! Oder: Achtung, Achtung, mir ist die Linse rausgefallen, nicht bewegen, nicht drauftschalpen! Anstrengend.

Jetzt trage ich selber Linsen. Es war Zeit. Die Brille habe ich selten angezogen, weil unbequem und immer dreckig. Gleichzeitig musste ich aber die Augen immer blöder zusammenkneifen, um das Powerpoint-Zeug an der Uni zu lesen.

Schlimm wars zwar nicht. Jedenfalls nicht so schlimm wie bei jenen Männern, die, bevor sie mit ihrer Freundin ins Bett gehen, überlegen müssen, obs «noch etwas gibt» (O-Ton Linsenmann), um zu entscheiden, ob sie die Sehhilfen nun rausnehmen oder drinlassen.

Eben, so schlimm wars nicht. Aber trotzdem: Zeit für Frau Fielmann. Die machte dann all! die! ca. 43! Tests! nochmals!!, die wenig zuvor schon die Augenärztin gemacht hatte, olé, olé. Und nach viel Weinen habe ich schliesslich auch gelernt, wie man die Dinger aufs Auge drückt, wäh.

Jetzt ist alles soooo klar und schön, und ich möchte den ganzen Tag mit einem Pferd durch die Prärie traben und in die Weite gucken und… und ich würde ja jetzt noch gerne sehr lange weiter schwärmen, aber ich glaube, ich habe ein Staubkorn unter der Linse, könnten Sie mal nachgucken?

PS: Korrigendum zur letzten Kolumne: Der Kieser-Trainer ist im Fall sehr wohl Student. Das hat er mir gesagt, nachdem er mich enttarnt hatte. Ich war gerade schwitzend am Trainieren. Es war nur ein wenig peinlich.

Samstag, 22. November 2008

Wüst, fett und doof

Je länger man studiert, desto hässlicher wird man. Vom vielen Lesen gehen die Augen futsch, man braucht dicke Brillengläser, das viele Sitzen macht einen Buckel und Muskelschwund und fett. Der Verfall ist nicht nur körperlicher Natur, auch die Sprache leidet, weil man immer mit so jungen Leuten zusammen ist, und die sagen dann statt «Ich bin empört!» Dinge wie «Also ich meine HALLO?!?» Kein Wunder, haben Akademiker weniger Kinder als der Durchschnitt. Wer will schon mit jemandem rummachen, der zwar schlau ist, dafür wüst und auch noch doof.

Um zumindest der physischen Degeneration ein wenig entgegenzuwirken, gehe ich jetzt ins Krafttraining. Nicht irgendeines, sondern: Kieser. Weil hier die Typen nicht mit Hanteln vor dem Spiegel stehen und sich an ihrem Bizeps aufgeilen. Weil hier nur alte Leute hingehen. Weils nur ne halbe Stunde dauert. Und: Weil man beim Training blöd aussehen darf.

Das, zumindest, dachte ich vor meinem Einführungstraining. Ich hatte mich extra schlimm angezogen, damit ich auch nicht overdressed bin, ausgeleierte Trainerhosen, oft als Pyjama missbraucht, ein überdimensioniertes Juventus-Turin-Fussballdress, ich sah aus wie eine Landpomeranze auf der Schulreise in die Stadt. Olé Olé.

Dann sah ich den Trainer.

Gross, mit Mukkies, wirklich hübsch. Definitiv kein Student.

Die Landpomeranze lief rot an. Und wurde ein wenig wütend auf die Personalpolitik von Herrn Kieser.

Also ich meine, HALLO?!?

Freitag, 7. November 2008

Plunder für das Karma

Die Strasse, an der ich wohne, ist ein Paradies. Eins für Brockenhäusler und Flohmärktler und besonders eins für die Generation gratis. Jeden Tag steht etwas anderes am Strassenrand: Kasperli-Kassetten; ein Elektroofen; Blumenbilderbücher; eine Stehlampe; ein Laufgitter; ein paar verkratzte Ski. Allerlei Kram und Mist. Ab und zu was Brauchbares.

Der Plunder häuft sich jeweils um Zügeltermine. Eines haben all die Dinge gemeinsam: das weisse A4-Blatt, das daran klebt, mit der Edding-Aufschrift «Zum Mitnehmen!» oder «Gratis» oder «Zu verschenken».

Das Zeug ist immer innerhalb kürzester Zeit weg. Irgendein Messie wird sich den todschicken Kleiderständer befriedigt in sein Wohnzimmerchaos stellen. Eine Familie mit Migrationshintergrund hat endlich Kleiderbügel. Olé olé.

Dabei ist das ganze bloss eine bequeme Gratisabfallentsorgung, getarnt als gute Tat. Wie sind wir doch grosszügig, dass wir unseren halb kaputten Ikea-Plunder verschenken!, denken sich die Leute. Jemand hat bestimmt noch Freude daran! Man muss ja nicht immer alles gleich wegwerfen! Wir. Sind. Gute. Menschen!

Und sie haben damit sogar ein wenig Recht. Denn mit ihren Schenkungen bewahren sie womöglich den einen oder anderen Menschen tatsächlich vor der Hölle.

Vor der schwedischen Möbelkauf- und Einrichtungshölle.





Freitag, 24. Oktober 2008

Nachmittag? Na dann, gute Nacht

Vorlesungen zwischen zwei und vier sind am schlimmsten. Neulich schaute ich mich um: Schlecht geschätzt focht wohl ein Viertel meiner Mitstudenten den gleichen Kampf aus – die Augen fallen zu, das Hirn ist Matsch, träge schleppt sich der satte Nachmittag dahin und das Blut in die Verdauung, NICHT EINSCHLAFEN!

Jeder hat seine Strategie. Red Bull, Kaffee, kneifen; wenn gar nichts hilft: den Kopf aufs Blatt vor sich richten – wenigstens nicht gesehen werden.

Denn hat sich das Matschhirn mal vorgenommen, jetzt – und genau jetzt – schlafen zu wollen, lässt sich nichts machen. Ganze Lektionen lang kann sich so eine Schlacht hinziehen, man notiert lustiges Zeug, weil sich Vortrag und Schlaf mischen – «Institutionen sollen Transaktionskosten verschmieren». Ah so. Immer wieder aufschrecken, weil der Albtraum ja eintreffen könnte und der Prof womöglich gerade sagte: «Sie dahinten mit dem blauen Pullover, schlafen können Sie zu Hause!» – was noch nie passiert ist und wohl nie passieren wird, trotzdem aber als Urangst fortbesteht.

Neulich sah ich in einer Tiersendung Erdmännchen. Sie sollen – auf zwei Beinen stehend – ihre Kolonie bewachen, fallen aber ständig auf die Schnauze, weil sie im Stehen einschlafen. Und ich dachte: Hey, für die gehts um Leben und Tod.

Da wurde mir klar: Der Mensch stammt vom Affen ab. Der Student vom Erdmännchen.

Freitag, 10. Oktober 2008

Frontal? Ja gerne.

Es ist eines der modernen Missverständnisse an der Universität, dass Vorlesungen interaktiv sein sollten. Eben nicht! Für Interaktivität gibts Proseminare und Seminare. In den Vorlesungen, geschätzte Damen und Herren Professoren, sollen Sie uns rhetorisch beeindrucken, gerne zutexten. Wir Studenten mögens frontal. Das lernen alle Dozenten früher oder später.

Zu den Spätzündern gehört jene Lehrperson, die uns neulich rote und grüne Karten verteilte: Sobald wir eine Frage haben, sollen wir die grüne Karte hochstrecken. Wenn was nicht gut ist, die rote. Crazy!

Nun. Es passierte 90 Minuten lang gar nichts. Die Studenten schauten dumpf wie immer. Die farbigen Karten landeten später unberührt im Müll.

Die darauf folgende Woche hatte ein Student schliesslich Erbarmen. Streckte mutig die Hand in die Höhe und fragte etwas. «Was sind steigende Skalenerträge?»

Wie wir uns für den Dozenten freuten! Endlich eine Frage! Jee!

Die Freude aber wurde von der Lehrperson jäh zertrampelt. Durch ein empörtes: «Sie wissen nicht, was steigende Skalenerträge sind?!», gefolgt von einem wirren verbalen Ausflug («Äh, das hat was mit der Steigung der Kurve zu tun.»)

Im Geiste streckten wir unsere roten Karten hoch, die wir leider nicht mehr hatten. Interaktivität in Vorlesungen ist eine tückische Sache.

Samstag, 27. September 2008

Jöööh, die Kleinen!

Wir nennen sie liebevoll-despektierlich «die Kleinen». Die Studenten, die gerade frisch an der Uni sind, sind total herzig. Sie haben ein Etui, wie man es in der Sek hatte, wo mit Tipp-Ex «SCB olé olé» drauf geschrieben steht. Schon zehn Minuten vor Beginn der Vorlesung sitzen sie brav im Saal, die Leuchtstifte farblich assortiert vor sich auf dem Pult, manche schreiben mit Füllfederhalter, doch, das gibt es noch, vor allem bei Jugendlichen mit ländlichem Migrationshintergrund.

Daneben gibt es aber auch jene Erstsemestrigen, die gerne etwas bourgeois wirken, sie tragen Hüte und betont nachlässige Kleider und kaufen alle überteuerten Bücher, die der Prof empfiehlt, weil die im Büchergestell so schlau aussehen. Diese Bohemiens studieren Philosophie oder Soziologie und wohnen in einer voll autonomen WG im Breitsch, wo man mit Holz selber heizt. So herzig.

Ja, so machten wir uns die vergangenen beiden Wochen über die Kleinen lustig. Bis ich damit aufhören musste, weil mir die Herablassung im Halse stecken blieb. Das war, als mich eine der Debütantinnen fragte: «Entschuldigung, können Sie mir sagen,…»

Mehr hörte ich nicht. Das «SIE» übertönte alles. Es schrie: «SIE sind allmählich zu lang an der Uni.»

Freitag, 12. September 2008

Die wahre Prüfung

Jeder, der ohne fremde Hilfe den Weg zum Universitätsgebäude findet, würde auch ein Studium bestehen. So dachten mein Unigspänli und ich lange Zeit. Schliesslich schrieben wir in jenen Fächern die besten Noten, in welchen wir keine einzige Vorlesung besucht und kaum eine Zeile gelesen hatten.

Wir haben uns getäuscht.

Die wahre Herausforderung für Studenten liegt nämlich nicht im Schulweg. Sondern darin, in der universitären Bürokratie den Überblick zu bewahren. Jedes Institut hat seine eigenen Regeln, Berechnungssysteme, Abläufe und Kopierkarten. Wie viele akademische Karrieren sind wohl schon am ECTS-System, an einem komplizierten Studienplan oder gar an den Öffnungszeiten des Sekretariats gescheitert! Wie manches angehende Genie wurde schon angesichts zweier fehlender Credits vor dem Abschluss in die Psychiatrie eingeliefert!

Auch ich wäre kürzlich fast verzweifelt. Eine Dekanatsvorsteherin wollte mir weismachen, ich hätte eine Prüfung umsonst geschrieben, die hart erarbeiteten Punkte würden mir nicht angerechnet.

Alles vergebens!, heulte ich. Zunächst war ich traurig. Dann wütend. Dann machte ich mich schlau. Und konnte der Bürokratin mit triumphalem Grinsen das Gegenteil beweisen.

Ich bin nun nicht nur um ein paar Punkte reicher. Sondern auch um den Stempel «uni-tauglich». Denn eine gute Studentin schreibt nicht unbedingt gute Noten. Eine gute Studentin trotzt der Uni-Bürokratie.

Montag, 30. Juni 2008

Zahlen, bitte!

Schluss, aus, vorbei, das letzte Spiel gespielt. Es ist wie früher Weihnachten: Eine halbe Ewigkeit warten, und ruckzuck sind die Päckli ausgepackt und das Fest vorbei. Doch diese Fussball-Europameisterschaft könnte die Zivilisation einen wichtigen Schritt weiterbringen. Und dies dank dem Plattitüdenkässeli.

Erfunden von schlauen, hoch entwickelten Individuen, soll es uns davor bewahren, vor lauter verbaler Blödheiten Ohrenkrebs zu kriegen. Jeder, der bei einem Spiel eine Phrase drescht (etwa «Deutschland ist halt eine Turniermannschaft»), muss zahlen.

Wie gut wäre die Welt, wenn wir diese nützliche Erfindung auf weitere Lebensbereiche anwenden würden. «Sie lernen nicht für mich, sondern fürs Leben» – und der Prof muss blechen. «Er ist bestimmt verliebt, er kann es nur nicht zeigen» – klimper, klimper, liebe beste Freundin. «Die besten Wohnungen gehen unter der Hand weg» – ach was? Bitte zahlen.

Mit dem Geld könnten wir alle schön in die Ferien fahren («Ferien sind der Beziehungskiller Nummer 1!», ruft Stefanie aus Hinterkappelen alarmiert. Danke für deinen Beitrag Stefanie, und jetzt bitte einzahlen.) Und das Leben wäre ein schöneres.

Reden ist Schweigen, und Silber ist Gold.

Montag, 16. Juni 2008

Komm her und küss uns

Sommer nervt. Klar ist es nett, wenn es schön heiss ist, aber muss denn gleich jede KV-Lehrtochter bauchfrei rumlaufen? Und es ist ja super, wenn die Temperaturen schon am Morgen über der Schweissgrenze liegen, aber brauchts denn auch diese dunklen Flecken unter den Armen? Warum glauben Studenten, sie seien gut für die Arbeit im Gastgewerbe geeignet? Warum sind immer alle hübschen Gartenbeizen überfüllt? Warum machen Clubs Sommerpause?

So, damit wären die schlechten Nachrichten durch. Die gute Nachricht lautet: Sommer in der Kleinstadt, wir lieben dich! Komm her und küss uns!

Denn wir wollen am Gurtenfestival drei Tage im Gras rumliegen und schon am Morgen Bier trinken, wir wollen grillieren bis zum Erstickungstod, wir wollen in die Aare abtauchen und die Arme ausbreiten und dieses goldene Geräusch hören, wir wollen vorlesungsfreie Zeit und jeden Tag auf dem Balkon brunchen, wir wollen am Grümpelturnier das Bein brechen, wir wollen im Gewitter pflotschnass werden, wir wollen im Marzilibähnli stehen und schwitzen und wünschen, dass es schneller fährt, wir wollen uns im Wasser an spitzen Steinen die Zehen blutig schlagen, wir wollen Fussball gucken und Solero essen und die Füsse verbrennen am heissen Asphalt.

Sommer, komm in unsre Arme und bleib ganz, ganz lang da.

Freitag, 23. Mai 2008

Prinzessin Playmobil

Kinder im Zug sind für gewöhnlich ein nie versiegender Quell des Ärgers. Die beiden Mädchen aber, die neulich im Abteil neben mir sassen, waren lustig. Sie spielten hochdeutsch. «Kumm, wir gehen noch chley go forschen!», schlug das eine vor. Ich fühlte mich zunächst an den Mister Schweiz erinnert (der geht dann «go studieren»), anschliessend fragte ich mich hoch erfreut: Warum spielen kleine Mädchen so gerne auf Hochdeutsch?

Wir taten das auch schon. «Kommst du überen?», fragte die eine Barbie die andere, wenn sie in Highheels und Ballrobe zum Nachmittagskaffee einlud.

Meine Schwestern, meine Freundinnen und ich waren keine Lego-, sondern Barbie- und Playmobil-Kinder. Wir spielten am liebsten: Kleines Mädchen Superstar. Das ging etwa so: In der Playmobil-Welt gibt es ein ganz wildes, aber supertolles Pferd. Nur ein einziges Mädchen kann es reiten. Es ist der Superstar der Playmobil-Welt und hat alles toll im Griff. Olé.

Warum spielen kleine Mädchen so gerne Prinzessinnen-Zeug?

Ja, das wären mal Forschungsfragen! Würde ich Psychologie studieren, könnte ich mich diesen wirklich wichtigen Dingen widmen. So aber befasse ich mich mit Politikevaluation, Policy Cycles, Parlamentsrecht und Blablabla.

Hach, warum musste ich auch Politikwissenschaft go studieren.

Freitag, 9. Mai 2008

Ganz speziell herzig



Worte können manchmal ins Mark treffen.

«Das sieht sehr doof aus» als Reaktion auf ein neues Kleid ist fies.

«Deine WG ist aber ärmlich eingerichtet» klingt herablassend.

Und mit «Ihre Idee für diese Seminararbeit ist totaler Blödsinn» zerstört der Dozent mein restliches studentisches Selbstvertrauen.

Dabei muss das nicht sein!

Man kann Dinge nämlich ganz anders sagen, als sie eigentlich gemeint sind, ohne dafür lügen zu müssen. Und alle werden damit glücklich. Die drei Klassiker für heikle Situationen: «speziell», «herzig» und «interessant» respektive «spannend».

«Sieht speziell aus, das Kleid.» Juhui.

«Herzig, eure Wohnung.» Wie nett!

«Interessant (bzw.: spannend), das Thema Ihrer Proseminararbeit.» Olé olé.

Manchmal bettelt man doch unförmlich darum, angelogen zu werden. Wer will schon immer die Wahrheit hören? Und wer kann es sich leisten, stets die Wahrheit zu sagen?

Deshalb an dieser Stelle: ein Halleluja auf Ausweichwörter und Zwischentöne. «Mein Studium ist sehr spannend, meine Kommilitonen sind total speziell, und mein Kontostand ist so herzig», klingt doch deutlich besser als…

Freitag, 25. April 2008

Quizmaster statt Master

Geschafft. Wenn auch knapp. Gerade mit Ach und Krach zwei Arbeiten fertiggewurstelt und eingereicht. Eine fürs Hauptfach in Bern. Da habe ich mir Mühe gegeben. Die andere fürs Nebenfach in Freiburg. Um es so auszudrücken: Die Mühe hielt sich in Grenzen. Denn beim Studium der Medienwissenschaften sind die Anforderungen nicht ganz so hoch, scheint es mir, wenn ich an die Vorträge denke, die meine Mitstudierenden dort in der Regel so halten.

Da werden schon mal Wikipedia-Definitionen zitiert. Ein anderer wissenschaftlicher Vortrag stützte sich im Wesentlichen auf das Buch «Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken». Populärpsychologie, olé.

Dafür sehen die Medienwissenschaftsstudentinnen und -studenten viel besser aus als die angehenden Politologinnen und Politologen in Bern. Sie sind hübsch und modebewusst und stets perfekt gestylt. Und es hat darunter auch die eine oder andere Exmiss. Ob es wohl Zufall ist, dass die gerade in Freiburg studieren? Oder obs eher daran liegt, dass das in Freiburg nicht ganz so schwierig ist?

«Stopp!», ruft da die Unnötiger-Sarkasmus-Polizei. Recht hat sie. Ich nehme meine fiese Unterstellung zurück. Das war gemein. Neue Wetterfeen und Quizmoderatorinnen kann das Land ja schliesslich immer brauchen.

Freitag, 11. April 2008

TWGSDS: Das grosse WG-Casting

Wir starten unsere ganz eigene Castingshow. Traum-WG sucht den Supermitbewohner (TWGSDS). Das geht so: Anzeige ins Internet stellen. Warten und schauen, was für Mails eintreffen. Dann gnadenlos vorsortieren.

Unterstreicht jemand eine nicht ganz ernst gemeinte Bemerkung mit einem Lachi (man sagt dem glaubs korrekt: Emoticon), ist er oder sie schon mal raus. Denn mit Lachis wird unser Humor beziehungsweise unser Ironieverständnis beleidigt.

Auch Namen sind ein wichtiges Ausschlusskriterium, weil: Nomen est omen. Und jemand, der Walter Imperatore heisst, kommt uns nicht ins Haus.

Mehr Chancen haben da unfreiwillig komische Zuschriften. Wie die jener Französin, die das Ding mit dem deutschen Doppel-s (ß) wohl nicht so ganz verstanden hat. Und hübsche Sätze schrieb wie «Mit grobem Interesse habe ich euer Inserat gelesen».

Manchmal täuscht aber auch die erste Zuschrift. Gaudenz etwa offenbarte sein wahres Gesicht erst im Recall. Er stellte sich uns mit «Gaudi» vor – und tat dies mit einer Begeisterung, als sei er gerade zum neuen Mister Schweiz gekürt geworden.

Gaudi flog auch raus. Im Finale von TWGSDS sind noch zwei Kandidaten. Die äusserst bestechliche Jury wird keine Gnade walten lassen. Nächste Folge: Welche Geschenke bringen die Finalisten zur WG-Party mit?

Samstag, 29. März 2008

Total asozial

Jedes Mal, wenn ich von einem dieser rebellischen Teenager um Geld für die Notschlafstelle angebettelt werde, droht meine leistungsorientierte Erziehung mit mir durchzugehen.

«Nun hör mal, ich habe gerade zehn Stunden gearbeitet, damit ich mein Leben selbst finanzieren kann. Dabei sollte ich in dieser Zeit lernen, um mein Studium zu schaffen. Und du meinst, ich solle dir nun Geld geben, damit du deinen blöden Eltern eins auswischen kannst? Damit du dich dem furchtbaren kapitalistischen System widersetzen darfst?»

Solches Zeug würde ich manchmal am liebsten sagen. Tus aber nicht. Weil ich mir dabei fascho-mässig vorkommen würde. Tatsache ist aber: Ich habe nun mal keine soziale Ader. Höchstens vielleicht eine Kapillare.

Deshalb gehe ich bei Bettlern stets leistungsorientiert vor. Bärtiger russischer Opernsänger? Fünf Stutz in den Hut. Brasilianischer Fussballjongleur? Klimper, klimper. Lauter «Surprise»-Verkäufer? Gehört fürstlich belohnt! Schlimmer Junkie am Abgrund? Ja, denn da meldet sich die soziale Kapillare.

Aber kommt mir nicht mit «Holdrio, ich bin 17 und will dem System eins auswischen». Dann tu das doch! Aber richtig. Und konsequenterweise ohne mein extrem kapitalistisch verdientes, schmutziges Geld.

Freitag, 7. März 2008

Das Kind in mir

Als Kind war ich nie krank. Dabei hätte ich es mir doch so sehr gewünscht. Dann hätte ich die Schule schwänzen können. Aber nein. Wenn ich dann doch mal erkältet war oder simulierte, sagte meine Mutter bloss: «Geh doch mal und versuchs, und wenn es dir nicht gut geht, hole ich dich wieder ab.» Damit war mir der Wind aus den Segeln genommen. Natürlich rief ich nie an.
Meine Freundinnen wurden derweil immer gleich in eine mehrtägige Quarantäne gesteckt, sobald sie nur ein kleines Hüstchen andeuteten. Darauf war ich sehr neidisch. Überhaupt auf alle, die sich jemals etwas brachen oder deren Bänder rissen. Meine Knochen waren stark, meine Bänder dehnbar. Nie durfte ich einen Gips oder Krücken tragen. Dabei fand ich das als Teenie super cool und style und yeah.

Auch heute freue ich mich noch wie ein blöder Goof, wenn ich mal nicht wegen nichts beim Arzt war. Nur eben. Irgendwie fägts heute nicht mehr. Schliesslich ist kein Mami in der WG, das im Ernstfall pflegt. Und schwänzen ist auch nicht mehr interessant, weil meine Anwesenheit an der Uni sowieso die Ausnahme bildet.

Doch ausgerechnet jetzt rächt sich mein Körper für mein langjähriges Um-Krankheit-Winseln. Jetzt habe ich eine Mittelohrentzündung. So was hat man doch nicht als Erwachsene. Das Kind in mir scheint mich zur Unzeit einzuholen.

Freitag, 22. Februar 2008

«Heeyy nääiii!»

Ferien. Oh ja. Weg vom Stress, von den nervigen Mitstudenten, von lästigen Gedanken an die anstehenden Seminararbeiten. Adieu, Uni, adieu, Welt. Wärme, Nichtstun, Ausschlafen, der Kopf leer, nur an rosa denken. Oder blau, wie der Himmel über und das Meer vor mir. Oder weiss, wie der Sand unter mir.

Aber dann.

Dann tauchen sie auf und johlen, biertrunken und sonnenverbrannt, den Uni-Koller wieder herbei: Die Myriaden anderer Studenten mit demselben Gedanken, vielleicht nicht aus Bern, dafür aus Italien, England, Holland. Überall das Gleiche. (Warum muss ich überhaupt bald in ein Auslandsemester?)

Dann labert ein Schwede: «Antwerpen liegt doch auch in der Schweiz?» (Nochmal: Warum muss ich eigentlich bald in ein Auslandsemester?)

Dann stecken wir irgendwo an einem Bahnhof fest, weil organisatorisch nichts geklappt hat. Genau wie an der Uni.

Dann sitzt man irgendwo friedlich in einer Beiz und jemand hört, wie man Berndeutsch spricht. «Heeyy nääiii, ihr sind au us der Schwyz!! Das isch ja uuu-nnn-glauublich!» Ja, wirklich, absolut unglaublich, dass da noch andere Schweizer sind, in einem der beliebtesten Urlaubsländer der Schweizer.

Die Ferien waren trotzdem schön. Das Heimkommen aber gar nicht so schlimm. Ist ja irgendwie überall das Gleiche.

Merken für die nächste Reise: Fliehen geht nicht. Man nimmt immer alles mit.

Freitag, 4. Januar 2008

Das Alter!

Schon wieder ein Jahr vorbei. Und ich spüre förmlich, wie ich älter werde. Doch es ist nicht nur ein Gefühl. Es gibt auch gewisse Indikatoren, welche mir deutlich sagen: Du wirst langsam ein relativ alter Sack.

Das merkt man nicht nur daran, dass die Bibeli ersten Falten Platz machen. Oder dass plötzlich Gelenke schmerzen, ohne dass der Arzt (wie früher) dazu sagt: «Das sind Wachstumserscheinungen.»

Alt wird man dann, wenn man Silvester zu Hause mit Freunden verbringt und ein Viergangmenü kocht. (Liebe Freunde, es war schön, aber früher wars irgendwie anders, oder nicht?)

Alt wird man dann, wenn man sich bereits an die Jahre erinnern kann, in welchen die jüngsten internationalen Fussballtalente geboren wurden.

Alt wird man dann, wenn man den neusten Hit im Radio als Cover erkennt. Weil man das Original im CD-Regal hat.

Alt wird man dann, wenn die eigenen schlimmen Kleider von früher plötzlich wieder in sind.

Alt wird man dann, wenn man die Todesanzeigen liest. («Das tut ein guter Journalist», hat mir mal jemand gesagt. Das Problem dabei ist nur, dass ich die Anzeigen nicht nach Namen durchforste. Sondern nach tiefen Jahrgängen.)

Sonst finde ich älter werden aber super. Man muss viel weniger. Weniger: doofe Kleider anziehen. Doofe Musik hören. An doofe Partys gehen. Die Jahre gehen schneller vorüber als früher, und das ist toll, weil man weniger lang warten muss auf alles jährlich Wiederkehrende. Wie: Geburtstag. Weihnachten. Silvester. Semesterende. Ja, ganz besonders: Semesterende.