Mittwoch, 6. Juli 2011

10 Dings zum Gurtenfestival

BUUH! Jetzt seid ihr erschrocken, was? Damit habt ihr jetzt nicht gerechnet, dass ich mal wieder was schreibe. Aber es ist jetzt gut 10 Tage vor dem Gurtenfestival, und ich hab mit Schrecken festgestellt, dass ich dieses Festival jetzt (mit Unterbrüchen) seit 15 Jahren besuche. 15 Jahre! Weisst du noch, N., als wir das UFO sahen? Da war ich 14! Und jetzt bin ich mehr als doppelt so alt!

Aber das Gute am Älterwerden ist: Man hat vielleicht was gelernt. Ich würd sagen, ich bin inzwischen ziemlich Profi, was Gurten angeht. Es ist eine langjährige kleine Hassliebe. Ich ärgere mich ja auch jedes Jahr ausgesprochen über gewisse Dings an diesem gigantischen Fest. Andererseits sind das auch immer wie vier Tage Skilager im Sommer: Die alltäglichen Doofheiten bleiben unten an der Talstation.

Jetzt aus 15 Jahren Erfahrung: 10 Dings.

1. Home is where the heart isDer Gurten fängt zu Hause an, und zwar einerseits im Büro, wo man für den Montag danach frei eingeben muss. Wenn man Grafiker ist oder sonstwie "halt so Projekte" hat, dann sollte man schauen, dass man danach nicht gleich was abgeben sollte. Der Montag muss ganz der Regeneration gewidmet werden.
Andererseits gehört das Zuhause vorbereitet. Dies beinhaltet einen Einkauf: Kopfwehtabletten (die besten sind Dolo Spedifen, I tell you), eine Ladung Gatorade für den grossen Durst, sowie Zutaten für irgendeine Pasta mit Sauce nach Wahl, von der man eine Wagenladung herstellt. Dann kann man die immer nur schnell warm machen, wenn man vor oder nach einem Festivaltag Hunger hat; das ist auch viel billiger, als immer oben essen, und gibt einen guten Boden.
PS: Und was ist, wenn man oben zeltet? Weiss ich auch nicht, hab ich nie gemacht. Ich empfehle einen (temporären) Wohnsitz in Bern, in velotauglicher Distanz.

2. Wild hearts, blue jeans and white t-shirts
Meine stilsicheren und geschmackvollen Leser, und das sind ja fast alle, dürfen diesen Punkt getrost überspringen. Modisch weniger bedarften Festivalgängern gebe ich gern in herablassendem Ton eine stilistische Leitplanke: Mode und lustig vertragen sich selten. Wer also einen Funken Stolz und Ehrgefühl in sich spürt, trägt keine farbige Sonnenbrille, keinen witzigen Hut mit Getränkehalter, kein T-Shirt mit Aufschriften wie "Luusmeitli", "Tüüfeli", "Bier formte diesen wunderschönen Körper" oder "Dort Mund" (Pfeil nach unten). Erwachsene Menschen tragen auch keine Fussballtrikots, wenn sie nicht Fussball spielen, dieser Spass ist Kindern vorbehalten. Keep it simple; ein schönes, weisses oder auch mal gestreiftes T-Shirt für den Herrn und irgendwas von Zara oder Mango für die Dame (die sind modisch ja nicht so gefährdet und sollten eh in erster Linie Röckli tragen). Ein T-Shirt trägt man und zieht es nie aus, auch dann nicht, wenn es über 30 Grad heiss ist und man super tolle Drachentattoos hat, die man allen zeigen möchte, oder ein schönes Bikinioberteil. Überhaupt verweise ich auf das schöne Team-Motto einer bei mir beliebten Fussballmannschaft: mehr ist mehr. Überhaupt, die Tattoos, habt ihr doch mal gesagt, habt ihr ja wirklich im Fall nur für euch selbst gemacht - dann müsst ihr sie ja auch nicht zwingend unbedingt jedem zeigen, oder? Hosen sind entweder lang oder kurz, aber nicht 3/4. Flipflops sind unpraktisch an Konzerten und beim bergauf- und bergab-laufen; ein paar Turnschuhe (schöne, flache Sandalen für die Dame) bringen niemanden um. Lange, vielleicht noch gelockte, voluminöse Haare gehören zumindest während Konzerten zusammengebunden, man haut sie sonst dem Hintermann oder der Hinterfrau ständig um die Ohren, und das ist e-kel-haft. Wer Beine hat wie Kate Moss, und das hat fast niemand, darf sich schon so anziehen, wenn man das unbedingt will; sonst aber niemand. Ich würde ohnehin tendenziell eher dazu tendieren. "Und was ist mit Band-T-Shirts?", fragt jetzt jemand. Ja, das ist ein schwieriger Fall. Ich würde mich an die Faustregel halten: Wenn die Band am gleichen Festival auftritt, eher nicht. Ich persönlich finde das ein bisschen plump. Ein Shirt einer anderen Band zu tragen, ist schon subtiler und daher noch so okay.

3. I'm a loser, babyWer, wie ich, immer alles irgendwo liegen lässt, muss vorbeugen. Ins Portemonnaie kommt nur das wichtigste, ein Bankchärtli, ein bisschen Geld, fini. Statt des teuren iPhone vielleicht das alte Handy nehmen, weiss zwar nicht, ob das geht - einfach SIM-Card wechseln. Sonst: Mit etwas Schnur und Chläbi lässt sich eine topp Festmachvorrichtung basteln (so wie hier). Akku aufladen. Schön anziehen (siehe 2), aber nicht gleich die Lieblingssachen, weil plötzlich zieht man den Pulli aus und legt ihn irgendwo hin und dann ist er weg oder wer-weiss-wo. Aus dem gleichen Grund statt der Wayfarer lieber eine billige H&M-Sonnenbrille.

4. Time is on your side
Wer nicht auch noch im Skilager gestresst sein will, der berechne für alles genug Zeit ein, insbesondere fürs Anstehen an der Talstation des Bähnlis (Rauflaufen ist auch super, ich würd das zwar nie machen, zu faul, aber macht das ruhig alle! Deo nicht vergessen.) Wenn man Zeit hat, wird das schlimme Schlangestehen in der Hitze resp. im Regen mit nervigen Stehnachbarn halb so schlimm. Man trinkt ein Bier, nutzt die halbe Stunde für interessante intellektuelle Debatten und geniesst die geschenkte Zeit. Dasselbe gilt für die Talfahrt; (hier zur Abwechslung ein kleiner Tipp an die Organisatoren: Bitte irgendwas einrichten, dass die Leute einander nicht wie jedes Jahr in einer Menschentraube fast erdrücken, Merci) - früh genug hin, sich nicht ärgern, dann gehts dann schon irgendwie, oder aber: runterlaufen.

5. Give me shelterWenn man nicht selbst so jemand ist: Jeder kennt jemanden, der jedes Jahr vier Tage lang am gleichen Ort steht am Gurten. Diesen Ort benützt man als Lager. Dort deponiert man Pulli und Jeans (alte, siehe 3) für am Abend, sowie allenfalls den Alkohol (siehe 6), etc. Den Bewachern zahlt man ab und zu eine Runde, und man geht hie und da zu Besuch.
PS: Sehr gute Option sind auch Schliessfächer, aber die sind glaubs irgendwo auf dem Zeltplatz oder so. Oder: Journalistenfreunde bestechen, die haben nämlich auch Schliessfächer, das ist aber mühsam, weil man dort nicht selber hinkommt ohne VIP-Pass.

6. Only the youngNaja, nicht gerade ein Geheimtipp, aber trotzdem: Eine Flasche Rum oder Whiskey oder Vodka oder wasauchimmer in eine Petflasche abfüllen. Mitnehmen. An der Homebase (siehe 5) deponieren. Dann kauft man das Coci oder den O-Saft an der Bar und füllt jeweils mit dem Alkohol auf. Damit hat man billige, trotzdem kühle Drinks. (Ab einem gewissen Alter ist man dafür auch zu alt, finde ich. Deshalb mache ich das schon länger nicht mehr. Zudem sind Drinks relativ verheerend.)

7. Where will I see you again?
So, wie jeder eine Homebase braucht (siehe 5), braucht auch jeder einen festen Bühnenplatz. Allen Gspänli sollte klar sein: Wenn ich Dings treffen will, dann nach dem Konzert vorne links. Oder vorne rechts. Oder an der langen Bar. Also: Einen Platz erküren. Ein SMS vorschreiben und speichern und immer dann copy-pasten, wenn jemand schreibt oder anruft.
"Wie immer links vom Mischpult, von der Bühne aus gesehen. Komm!"
Erspart viele Telefonate und Tränen.

8. For those about to rockJetzt etwas zum Verhalten an Konzerten. Ich weiss, für die Bands ist es toll, wenn die Leute mitsingen und mitklatschen und so. Aber es muss sich doch irgendwie in Grenzen halten, denn eigentlich geht man ja an ein Konzert, um die Band zu hören, nicht sich selbst oder den nebendran. Das Gleichgewicht zwischen künstlerischer Darbietung und toller Stimmung ist ein fragiles. Ich bin ja eine Mitsingperson, allerdings eine nicht-klatsch-Person, und fände es schön, wenn man alles ein bisschen dosiert einsetzen würde. Sprich: Klatschen, wenn ein Lied fertig ist; im Rhythmus klatschen nur dann, wenn die auf der Bühne einen explizit auffordern. Und (Handy-)Fötelen ein-, zwei- maximal dreimal pro Konzert, das reicht, man sieht eh nichts drauf, sie sind total austauschbar und man schaut sie sich nie mehr an. Filmen oder Lieder via Telefon an ein Gspänli übertragen, das leider nicht dabei sein kann: never. Es bringt nichts, die Musik klingt nie mehr so wie in diesem Moment, und es stört nur alle, die hinter einem stehen. Wenn man ein Lied beim ersten Ton erkennt, ist das schön für einen, interessiert aber sonst glaubs niemanden. Ein grosses Gejubel nach zwei Tönen abzulassen ist ein bisschen eitel. (Dass man das T-Shirt anbehält, weil es gruusig ist, wenn Leute in der Menge den nackten Oberkörper fremder Leute berühren müssen, und dass man niemandem die Haare ins Gesicht schleudert, siehe Punkt 2, versteht sich von selber.)

9. Body of water
Ich bin total pro Alkohol, so in gewissen Situationen. Aber ich bin absolut anti stockbesoffen sein (so, dass man am Morgen nichts mehr weiss), und total anti Kater. Aua aua aua. Hmm, jetzt, was tun? Vom guten Boden war ja schon die Rede (siehe 1). Das einzige, was den Abend (ausser nicht trinken) noch verlängert, ist: immer, wenn der Becher leer ist, an der Bar mit Hahnenwasser auffüllen lassen. Oder aufm WC selbst auffüllen. Ich mag jetzt klingen wie eine Wellness-Trainerin, aber glaubt mir, nichts hilft so wie Wasser trinken. Viel, viel Wasser.

10. I wanna be in your gangZentral an jedem Festival: die richtige Balance zwischen zu wenig und zu viel Leuten. Man sieht dort oben ja alle möglichen Bekannten von früher, Regula, Jürg, Sandra - Jahre nicht gesehen, auf dem Gurten aber gibts an ihnen kein vorbeikommen. Auch die üblichen halb-Bekanntschaften sagen gern: Gehen wir dann auf dem Gurten was trinken? Ich plädiere diesbezüglich auf absolute Unverbindlichkeit. Am besten mit dieser Kategorie im vornherein gar nichts abmachen. Wenn man sie dann zufällig sieht und Lust hat, kann man ja immer noch spontan. Mal ehrlich: Richtig wichtig sind einem ja nicht sooo viele Leute im Leben, aber die dafür richtig. Also: Die Gäng - und natürlich die Familie - geht über alles. Am besten ist man immer mit einem festen Festivalgspänli oder zwei, vielleicht drei unterwegs - das ist der innere Kreis. Der wird ab und zu erweitert. Aber keinesfalls von Gspänli zu Gspänli hüpfen, dann ist man nur überfordert und wird doch niemandem gerecht. Und auch nicht allein auf den Gurten und denken: "Ich sehe dann schon jemanden." Weil wenns dann nicht klappt, ist super blöd. Nirgends ist man bekanntlich so einsam wie in einer feiernden Menschenmenge. Deshalb bitte auch nicht mit dem Liebesleben streiten.

So. Habt ihr auch noch Tipps, Regeln oder Dings? Sonst Tschüüü! Wir sehen uns auf dem Gurten! Dann nehmen wir ein Bier! Hihi

14 Kommentare:

  1. tips für nicht gurtenfestivalerin

    1. YB-Basel (dem fleischkappenmann seine buben gucken)
    2. nicht ins eicholz gehen...wer an die aare will irgendwo bei muri oder so....mann kann auch is lorainebedli aber nicht wegen den hueren bruunen runzligen oben ohne frouen verklüpfen!
    3. die ruhe in den vielen verlassenen beizen gniessen
    4. am montag allen gspändli die auf dem gurten waren öppen am sibni am morgen a lüten und gaaaaaanz luuuuut guggenmusig ablah
    5. bier trinken (aber kein gurten! zu viel der solidarität)
    6. wer das gene macht...komische gstauten am bahnhof ga anluegen (geit ou wenn nicht gurten ischt...nur isches wärend em gurten wie ein sternschnuppen regen)
    7. lustige hüte an der waberen tramstation ga verkoufen (dr caramel zlieb)
    8. für einsame...am gurtenbähndli ga a stah....wider abefahren undsowiterundsowiter
    9. der caramel iren blog läse
    10. am füddlen chrauen

    so das sind denn ou 10...

    viu spass aune wo ufen gurten gö

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  2. völlig okaye alternative dünkts mich! aber das mit der guggenmusik wünscht man ja wirklich niemandem. emel nicht sich selbst.

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  3. sing. nur das mit dem iphone ist echt übel, die neuen mini-simcards gehen nicht mehr in die alten handys. brauche wohl am montag ein neues.

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  4. Wertes Fräulein Caramel, was muss ich tun, damit Sie mal ans Gartenfestival kommen? Sie offiziell einladen? Das mach ich hiermit von Herzen gerne!

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  5. Noch so wichtig für alle die an extremer Unter-die-Nase-reiberitis leiden; nehmt doch ein bisschen Rücksicht auf eure Gspändli die nicht an den Gurten konnten. Wär noch so lässig.

    Adé

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  6. Herr Gnos: Danke für die Einladung! Der Tag wird irgendwann kommen, da ich darauf zurückgreife...

    A: Wir versuchens. Wirklich.

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  7. Jänu, zum Glück ist ja noch Hafenstadt. Olé

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  8. Uiuiui, dich möchte ich ja nie im Leben treffen auf dem Güsche. Ich frage mich, warum du überhaupt auf den Hügel gehst. Ein solches Festival ist dazu da, dass man sich selber sein kann. Kleider spielen absolut keine Rolle (haha deine "Kleidervorschriften" find ich ulkig), bei Konzerten darf die Sau rausgelassen werden (ist kein Orchester Konzert). Kannst ja etwas zurückstehen, wenn dich die bösen Leute nerven, die die Konzerte halt auf eine etwas andere Art als deine geniessen. Und warum machst du dir soviel Gedanken drüber, ob und wen du wo treffen könntest? Ich finde das Über-kompliziert... Man geht doch einfach rauf geniesst die gute Zeit.

    Cheers
    Anderton

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  9. So sind die Menschen eben verschieden. Ich wünsche ihnen auf ihrem Güsche viel Spass, Herr Anderton!

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  10. word. merci, hat spass gemacht zu lesen. kann fast überall zustimmen. viel spass auf dem güsche... und immer schön artig bleiben!

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  11. Haha...musste sehr lachen und du sprichst mir aus der Seele. Wenigstens hat der mit dem nackten Oberkörper Bern auf dem Rücken. Geht trotzdem nicht.

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  12. 11. nicht mit den Broncos anfangen zu stürmen da diese keine Art von Humor verstehen. Nicht einmal lustige Töffli-Witze.

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  13. hast eins an d schnurre gekriegt?

    hab auch geile szenen miterlebt und erzählt gekriegt... z.b. bronco auf töffli versperrt strasse. maler mit lieferwagen muss dort durch und zwängt sich langsam daran vorbei. bronco springt vom roller: "wosch mi aafiele oder was?"

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  14. aber nein cara mia. wer sich an die gurten regeln hält, kommt ohne schnurrebrätsch wieder runter ;)

    ich mag die broncos. gurten ohne broncos wäre wie dick ohne doof.

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