Sonntag, 9. Mai 2010

Alle zehn Jahre wieder: BEA!

Dieses Jahr war ich etwa das erste Mal seit etwa 10 Jahren an der BEA, und es war wie alles, das man sich zuvor ganz schrecklich vorstellt: halb so schlimm. Ich hatte mich schliesslich auch tipptopp auf zahllose umgebundene Regenjacken, spiegelnde Spass-Sonnenbrillen und Kinderwagen eingestellt, hatte Schnäuze und Strähnen-Frisuren visualisiert, kannte den säuerlichen Wein-Mundgeruch längst aus dem Tram und regte mich deshalb keine Sekunde auf.

Ich lächelte selig, als ich an der Steelband vorbeiging, die "Imagine" spielte und aus lauter Handarbeitslehrerinnen mit Pep bestand; ich freute mich sogar aufrichtig beim spontanen Ständchen eines Jodlerchörlis an einem Weinstand, und ich liess das Verkaufsgedöns eines bayrischen Weinhändlers, der mir roten Prosecco verkaufen wollte, mit Gleichmut über mich ergehen.

Bei einer Schau mit etwa einer Million Ferkeln, die vermutlich eigens für diesen Anlass extra klein herangezüchtet worden waren, schmolz mein Herz, und wir stellten uns ein paar Sekunden lang vor, wie es wohl wäre, wenn dort statt zwei Dutzend Schweinchen zwei Dutzend kleine Bärchen rumtollen würden: Man würde wohl sterben vor Herzigkeit. Ausserdem stellten wir uns vor, wie es wäre, wenn die BEA-Besucher (statt ländlich-praktisch) alle wie Hipster gekleidet wären. Tausende in engen Hösli und Karohemden und Ray-Ban-Brillen auf einen Schlag! Es wäre vermutlich genau so schrecklich, wie man es sich vorstellt.

Schliesslich schauten wir noch bei den Brauereipferden vorbei; die ziehen die Wagen mit Bierfässern durchs Dorf, wiegen gegen 900 Kilogramm und heissen: Fredy (Beiname: der Treue); Pouliche (der Sonnenschein), Appollo (der Showman) und Diego (der Publikumsliebling). In einem anderen Zelt wurde eine Rinderrasse vorgestellt, leider nicht Dexter, die ich mir blutrünstig vorstelle, sondern Hinterwäldler. Da war auch ein Stier, dessen Vater ein Natursprungstier sei, erklärte eine Frau am Mikrofon, und das Publikum auf den Rängen blickte beeindruckt auf die gigantischen Hoden des Hinterwäldler-Natursprungstier-Nachwuchses.

Apropos Bullen: Weil sämtliche Massagesessel besetzt waren und auf dem Chesterfield-Sofa am Möbelstand anscheinend sitzen verboten, schauten wir noch beim Polizeistand vorbei. Das angebliche "Vorurteil Nr. 17": "Jedä Tschugger het ä Schnoutz", mit dem die Polizei derzeit Nachwuchs anlockt, wurde insofern entkräftigt, als dass am Stand tatsächlich nicht jeder Polizist einen Schnauz hatte. Nur drei von vier.

Vorbei an grenz-esoterischen, -dubiosen sowie einfamilienhausbesitzerorientierten Ständen flanierten wir durch die Hallen zurück zum Eingang. Auch das Gastland Holland besuchten wir noch, wo wir uns freuten, dass sämtliche Klischees tipptopp bedient wurden. Befriedigt, weil wir als vor Jahren immigrierte, überzeugte Stadtmenschen endlich wiedermal etwas Landluft geschnuppert hatten, müde und mit einem kleinen Zuckerflash von den Nidletäfeli gingen wir heim.

Ich freue mich schon aufs nächste Mal. Etwa in zehn Jahren wieder.

(man beachte das vorbildliche BEA-Besucher-Outfit im Hintergrund)



(Die lag da so auf dem Besucher-WC. Psycho.)


PS: Und was machen wir jetzt, wenn die BEA vorbei ist?!? z.B.

- ins Theater gehen: "Verbrennungen" in den Vidmarhallen. Zuvor kann man dort in der Beiz z.B. eine Nutellaschnitte essen, superduper Stärkung.

- diesen Artikel lesen: Proudly content free.

- Balkonpflanzen ansäen, schön pflegen und jeden morgen aus dem Bett hüpfen und aufgeregt nachschauen, ob schon was gewachsen ist (ein tipptopper Ersatz für das Gefühl als Kind vor Weihnachten, das ich für immer verloren glaubte).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Schreiben Sie mich!