Jedes Mal, wenn ich von einem dieser rebellischen Teenager um Geld für die Notschlafstelle angebettelt werde, droht meine leistungsorientierte Erziehung mit mir durchzugehen.
«Nun hör mal, ich habe gerade zehn Stunden gearbeitet, damit ich mein Leben selbst finanzieren kann. Dabei sollte ich in dieser Zeit lernen, um mein Studium zu schaffen. Und du meinst, ich solle dir nun Geld geben, damit du deinen blöden Eltern eins auswischen kannst? Damit du dich dem furchtbaren kapitalistischen System widersetzen darfst?»
Solches Zeug würde ich manchmal am liebsten sagen. Tus aber nicht. Weil ich mir dabei fascho-mässig vorkommen würde. Tatsache ist aber: Ich habe nun mal keine soziale Ader. Höchstens vielleicht eine Kapillare.
Deshalb gehe ich bei Bettlern stets leistungsorientiert vor. Bärtiger russischer Opernsänger? Fünf Stutz in den Hut. Brasilianischer Fussballjongleur? Klimper, klimper. Lauter «Surprise»-Verkäufer? Gehört fürstlich belohnt! Schlimmer Junkie am Abgrund? Ja, denn da meldet sich die soziale Kapillare.
Aber kommt mir nicht mit «Holdrio, ich bin 17 und will dem System eins auswischen». Dann tu das doch! Aber richtig. Und konsequenterweise ohne mein extrem kapitalistisch verdientes, schmutziges Geld.
Samstag, 29. März 2008
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