Freitag, 19. Oktober 2007

Lukas und Fränzi

Einen grünen Daumen zu haben ist etwas Schönes. Wer keinen hat, kann dies durch viel Liebe kompensieren, dachte ich immer. Bis ich die Bekanntschaft von Lukas und Fränzi machte.

Es war kalt geworden in der Nacht, mein Basilikum auf dem Fensterbrett schlotterte und fror, ich war lieb und nahm den Topf über Nacht in die WG-Küche. Ein Fehler.

Am nächsten Morgen entdeckte ich am Boden ein daumengrosses, wüstes Ding. Blind und blöd, wie die Made war, hatte sie in der Wärme unserer Küche den Frühling gespürt und sich aus dem Basilikumtopf nach draussen gewunden.

Ich hatte bereits einen ersten spitzen Schrei ausgestossen; ein hysterischer Anfall folgte, als ich das zweite graue Monster herumkriechen sah. Ich rannte ins Schlafzimmer und trampelte den Mann wach. Der blieb zunächst cool. «Lass uns ihnen süsse Namen geben, dann ist es vielleicht weniger schlimm», schlug er eine psychologische Finte vor. Wir tauften die beiden auf die Namen Lukas und Fränzi. Olé.

Um es kurz zu machen: Warm wurden wir nicht miteinander, ich, Lukas und Fränzi. Ebenso wenig zählt Robert heute zu meinen Haustieren. Der hatte sich gut versteckt und erst später zu uns gesellt.

Doch jedes Mal, wenn ich die Küche betrete, denke ich an die drei zurück. Nicht etwa wehmütig. Vielmehr fürchte ich, dass eines Tages noch eine schüchterne Barbara hinter dem Küchenschrank hervorlugen könnte.

Freitag, 5. Oktober 2007

Übercool

Neulich war ich in New York. Das stimmt zwar auch in gewisser Hinsicht, aber eigentlich schreibe ich das nur hier hin, weil ich mit diesem Satz schon lange mal einen Text beginnen wollte. Amerikaner würden sagen: ein übercooler Satz. Die brauchen das wirklich, «übercool», sie sind nämlich neidisch auf unsere hübsch ëxötischën Pünktchen auf den Buchstaben. Wenn ich dereinst wieder in die USA fliege, bringe ich deshalb einige äs, ös und üs mit. Gleichzeitig werde ich einige falsch übersetzte Wörter retournieren, etwa die «Bush-Administration», die richtig übersetzt «Bush-Regierung» heissen müsste, aber sogar meine Professoren sind so übercool und verwenden den Begriff falsch.

Und wenn ich dann wieder von Amerika zurückkehre, werde ich auch mit dem Missverständnis aufräumen, dass man nirgends so schlecht bedient werde wie in der Schweiz. Um das Gegenteil zu erfahren, muss man nur in Brooklyn in ein Bekleidungsgeschäft eintreten. Für dieses Vergehen wird man vom Verkaufspersonal mit etwa gleichviel Verachtung gestraft, wie wenn man (nicht ich) an der Uni öffentlich zugeben würde, nicht rot-grün zu wählen.

In einer solchen Situation verzieht man sich am besten. Im Kleiderladen in Brooklyn in die Umkleidekabine. Dort klebt doch tatsächlich ein Aufkleber eines Berner Rappers und spendet im Grunde folgenden Trost: Wenn die Berner Rapper nach New York ausgewandert sind, kann ich ja getrost wieder zurück nach Bërn.