Mittwoch, 23. Januar 2013

Kein Alkohol ist auch keine Lösung

Ich trinke im Januar keinen Alkohol (mit zwei grossen Ausnahmen: einer Hochzeit und dem Abschied des bestesten A.D. der Welt aller Zeiten). Es geht sehr gut, aber das Leben ist schon weniger lustig, und natürlich wird eine Frau auch ständig verdächtigt, schwanger zu sein, wenn sie so plötzlich ihren Alkoholkonsum einschränkt. Das ist wohl das anstrengendste daran. Hier einmal für alle: Nein.

Unterdessen kenne ich mich schon ein wenig bei Ersatzdrogen aus: Clausthaler ist okay, Feldschlösschen alkoholfrei gruusig, das Migros-Bier tipptopp (Auch für nomale Zeiten eine Überlegung wert. Manchmal möchte man ja einfach ein Bier trinken, ohne betrunken zu werden). Auch der  Séléction-Moscato aus der Migros ist sehr fein - weniger süss und Kindergeburtstag als Rimus. Allerdings fühlt es sich ein bisschen an wie bescheissen, wenn man zu solchen Ersatzgetränken greift. Vielleicht nicht grad wie Nikotinkaugummi für abstinente Raucher, aber zumindest wie Kaugummizigaretten.

Der Tagi hat gestern genau zu diesem Thema was Lustiges geschrieben,  und es gilt überhaupt nicht nur für Zürcher und ist auch für alle anonymen Schwangeren hilfreich. Hier ein Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Schöner Gruss von meinem inneren Alkoholiker. Der Countdown läuft.



Der perfekte Ramadan-Abend 

Viele Zürcher verzichten im Januar auf Alkohol. Eine Herausforderung - vor allem im Ausgang. Wir bieten Hand: So überstehen Sie einen Abend, ohne Promille zu tanken. 
Von Beat Metzler 

Für Zürcher Nicht-Muslime liegt der Ramadan im Januar. Zumindest für jene, die nach exzessiven Festtagen einen Monat ohne Alkohol durchzustehen versuchen. Wer sich diesem Reinigungsritual unterwirft, steht vor einem Dilemma. Entweder setzt man Freundschaften aus und verkriecht sich jeden Abend zu Hause. Oder man geht so oft aus wie bisher, um sich in Bars der permanenten Versuchung auszusetzen. 

Der Nachteil nicht alkoholischer Getränke liegt nicht nur darin, dass sie kaum beschwingen. Ihr Hauptminus ist, dass man - als Gewohnheits-Genusstrinker - nicht fünf davon am Stück konsumieren kann. Zu süss sind sie, zu klebrig, zu langweilig, zu wenig erwachsen. Weshalb Ramadanler stets gierig auf das Bier des Nachbarn schielen. Um den inneren Alkoholiker 31 Tage lang erfolgreich zu knebeln, haben wir das optimale Abendprogramm für Temporär-Promille-Verachter ausgearbeitet. 

19 Uhr, Apéro: Starten Sie mit einem Crodino, einem Aperitif, der die Ästhetik von Alkoholika perfekt simuliert: Retroetikette, grelle Flüssigkeit, serviert im Cocktailglas. Niemand wird Sie verdächtigen, dass Sie zu diesen grimmigen Abstinenzlern gehören. Und dank seiner Bitterkeit schmeckt das Getränk so gar nicht nach Kindergeburtstag.
Das sagt der innere Alkoholiker: «Ein trauriger Etikettenschwindel.» 

20 Uhr, Essen: Bleiben Sie beim Wasser. Wenn alle anderen die Weingläser zum Prosten anheben, verurteilen Sie diese Sitte als rückständig. Wer Provokationen schätzt, bestelle zum Hauptgang ein grosses, offenes Cola. Ein Genuss dabei sind vor allem die empörten Blicke der Tischnachbarn.
Das sagt der innere Alkoholiker: «Warum essen, wenn es keinen Wein dazu gibt?» 

21.30 Uhr, Dessert: Die Zeit des Abends, die man leicht durchsteht. Kippen Sie Espresso um Espresso. Niemandem wird Ihr Alkoholstreik auffallen, nicht einmal Ihnen selber. Auch bei der folgenden Grappa-Runde verharren Sie beim Kaffee und erklären, wie wenig Sie letzte Nacht geschlafen haben.
Das sagt der innere Alkoholiker: «Kaffee ohne Grappa ist fad wie Brot ohne Salz.» 

23 Uhr, weitertrinken: Nun folgen die schwierigsten Stunden. Die Wangen der Genusstrinker röten sich, die Lautstärke steigt, Hemmungen schwinden.
Hier bleiben zwei Wege:
1. Die Clausthaler-Strategie. Nachdem Sie Ihre Scham niedergekämpft haben, bestellen Sie alkoholfreies Bier. Das schmeckt fast wie Bier. Vielleicht gelingt Ihnen sogar, sich eine leichte Beduselung einzubilden. Eine Gefahr lauert: die Hand schnappt nach einem richtigen Bier. Weil das Hirn in Endlosschlaufe rattert: «Schmeckt gut, aber etwas fehlt.»
2. Die Mischstrategie. Beim Studium der Getränkekarte erinnern Sie sich daran, dass Sie sonst Menschen belächeln, die um 23 Uhr an Pfefferminztee oder Orangensaft nippen (ausser sie sind krank). Also bestellen Sie ein alternatives Red Bull (Club Mate), was Ihnen ein bisschen «Street-Credibility» einträgt. Nachdem Sie Ihre Koffein-Obergrenze durchschlagen haben, dämpfen Sie das Zittern mit einem scharf gewürzten Tomatensaft. Der wirkt nicht nur mondän, er bezwingt auch den kleinen Nachhunger. Darauf ordern Sie alkoholfreies Bier. Dann Tomatensaft. Und so weiter.
Das sagt der innere Alkoholiker: «Mir wird schlecht.» 

1.30 Uhr, austrinken: Das Schlimmste ist überstanden. Geniessen Sie den Anblick Ihrer angeheiterten Kameraden. Und vermeiden Sie den Gedanken, dass Sie sich sonst ähnlich aufführen. Bestellen Sie einen Espresso oder ein Wasser. Wenn Ihnen einer der Beschwipsten frech kommt, antworten Sie: «War zu viel heute. Brauche eine Pause.» Er wird Ihnen kollegial auf die Schultern klopfen.
Das sagt der innere Alkoholiker: «Wann ist endlich Februar?» 

(Tages-Anzeiger vom 22. Januar 2013)

1 Kommentar:

  1. Alkoholfreie Drinks kann man auch zu Hause mixen. Hunderte von Rezepten gibt es hier:
    http://bluecocktailbar.ch/

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